Seefahrer, Museumteam, Wählergruppe, Aktionskünstler, Chorsänger, Theatermacher, Piloten und Idioten und natürlich Freunde

Vorausgeschickt – wir haben uns damals gegen die Erstellung des Einzelhandelsentwicklungsgutachten für Varel ausgesprochen, da unsere langjährigen Erfahrungen gezeigt hatten, dass solche Gutachten ohnehin von der Politik in der konkreten Entscheidungsfindung kaum beachtet werden.  

 

Und genau so ist es nach unserem Eindruck auch mit dem teuren Einzelhandelsentwicklungsgutachten für Varel geschehen. Das Gutachten kam –vereinfacht zusammengefasst-  zum Schuss, dass es kaum noch Bedarf an zusätzlichen Einzelhandelsflächen gibt und bestimmte Sortimente (Vareler Liste) nur noch in der Innenstadt entwickelt werden sollten, wenn man die Struktur einer lebendigen Einkaufsstadt mit Fachmärkten nicht gefährden will. Kaum lagen die Ergebnisse vor, wurden diese Leitsätze jedoch durch die Machbarkeitsanalyse zum Famila Markt aufgeweicht und deren Interpretationsspielraum genutzt, um ein Maximum an zusätzlicher Verkaufsfläche auf der „Grünen Wiese“ genehmigungsfähig zu machen.

 

Nun kaum 2 Jahre später muss das Einzelhandelsentwicklungsgutachten überarbeitet werden, da weitere innenstadtrelevante Sortimente vor den Toren der Stadt angeboten werden sollen? Von Seiten der Verwaltung wird von „geringfügige Überschneidungen mit Randsortimenten bei dem Warenangebot, das der geplante Raiffeisenmarkt vorhalten will“  gesprochen.  

 

Der Raiffeisenmarkt möchte auf 950 Quadratmetern Verkaufsfläche Futtermittel, Baumarktartikel und – richtig!- Sortimente aus der „Vareler Liste“ anbieten. Ohne diese Randsortimente funktioniert kein Markt oder Discounter mehr. Allerdings funktioniert eine Innenstadt auch nicht mehr, wenn eine Vielzahl von Sortimenten auch auf der „Grünen Wiese“ angeboten wird. Es ist richtig, dass der Bedarf für das Sortiment „Arbeitskleidung“ noch nicht in der Innenstadt befriedigt wird. Doch wenn dieses „Bekleidungssortiment“ durch eine überarbeitete Fassung nun aus der „Vareler Liste“ herausgelöst wird, wird es sich auch nicht mehr dort etablieren können. Das Gleiche gilt für Spielzeug, Reiterbedarf, Drogeriewaren, Bastelbedarf, zoologischer Bedarf usw. . Viele Jäger sind des Hasen Tot.  Wer glaubt denn wirklich, dass sich das Tierfuttermittelgeschäft (auch als Magnetbetrieb) in der Innenstadt dann noch lange halten lässt? 

 

Auch Aldi möchte seine Verkaufsfläche um zusätzlich 320 Quadratmeter erweitern, davon 40 Quadratmeter (zusätzlich) im Nicht-Lebensmittelbereich. Das mag sich -alleine für sich- nicht spektakulär anhören, muss aber immer in der Summe der Gesamtentwicklung (Famila, Aldi und Raiffeisenmarkt) betrachtet werden. Und in dieser Gesamtheit ist das Entwicklungspotential lt. Entwicklungskonzept für Varel schon mehr als überschritten und gäbt der Innenstadt das Wasser ab.

 

Doch anstatt, eine politische Diskussion auf Grundlage des zwei Jahre alten Gutachtens zu führen, bemüht Verwaltung und Politik mal wieder externe Gutachter, um das, was sie im Grunde machen wollen (die Vareler Liste aufweichen und dem Markt seinen freien Lauf zu lassen) von „höherer Stelle“ absegnen zu lassen. Da beruhigt es nicht unbedingt, dass diese Verträglichkeitsanalysen von den Bauwilligen bezahlt werden. Man darf gespannt sein, ob das Entwicklungspotential sich trotz schwindender Einwohnerzahlen und wachsender Konkurrenz durch den online-Handel so verbessert hat, dass die Aussagen des „alten“ Entwicklungskonzeptes hinfällig sind.

 

Die MMW wird den „Zug nicht aufhalten“. Andere Städte haben es vorgemacht, wie man seine Innenstadt kaputt macht – dass ist wohl der Zeitgeist und zumindest bei den mobilen Bürgern auch konsensfähig, wenn nicht sogar gewünscht.  Doch für uns ist es nicht nachvollziehbar, weshalb die, die auf die „Selbstreinigungskräfte“ des Marktes setzten, sich politisch nicht konsequenter Weise ganz aus diesen Mechanismen heraushalten. Sich die Kosten für „Alibi-Gutachten“ sparen und aufhören Millionensubventionen in eine Innenstadt versenken, an deren Überlebenskraft sie scheinbar nicht mehr wirklich glauben.  


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